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Rede im Plenum zur Aktuellen Stunde „Solide Haushaltskonsolidierung statt Steuererhöhungen – Nordrhein-Westfalen braucht seriöse Finanzpolitik“ auf Antrag der Fraktion der FDP am 31. Januar 2014

Hendrik Schmitz (CDU):

Frau Präsidentin! Meine werten Kollegen! Meine Damen und Herren! Neben den Zeitschulden, die uns der Finanzminister jetzt noch hinterlassen hat, reden wir auch noch über andere Schulden im Rahmen des Finanzhaushalts. Herr Minister, ich bin seit Mai 2012 hier im Parlament und weiß, dass es Reden von Ihnen im Plenum gab, in denen Sie deutlich mehr Substanz geliefert haben. Ich hätte, was diese Frage anbelangt, in dieser Aktuellen Stunde mehr erwartet, dass Sie uns nämlich Ihre nachhaltige Finanzpolitik erklären und konkret werden. Das war aber – ich muss das sagen -nicht so.

Ich komme zu den Grünen: Von ihnen wurde in der Debatte gesagt, dass diese Aktuelle Stunde unnötig und die Bundespolitik auf die Ebene der Landespolitik gezogen worden sei. Herr Kollege Mostofizadeh, ich muss Ihnen ganz deutlich sagen: Die Renten-pläne der Großen Koalition zu kritisieren, ist das ei-ne. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Rentenpläne, welche die Grünen im Bundestagswahlkampf vorgeschlagen haben, sogar noch um einiges – sogar wesentlich – teurer geworden wären als das, was wir jetzt umsetzen.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte aber auf die Aktuelle Stunde zurückkommen und würde sie gerne mit einer Frage beginnen. Wer von Ihnen, werte Kollegen, würde heute einen Mittelklassewagen kaufen, dessen Gegenwert auf 25.000 € beziffert würde? Wer würde den auf Pump kaufen und ernsthaft in Betracht ziehen, am nächsten Tag weitere Schulden zu machen, ohne diese zeitnah zurückzahlen zu wollen? – Ich sehe keine Reaktion, keine Zustimmung. Wen wundert's?

(Lachen von den GRÜNEN)

– Ja, da lachen Sie! – Nichtsdestotrotz hätte ich mir von den Grünen und von der SPD mehr Zustimmung erwartet; denn 25.000 € sind die aktuelle Pro-Kopf-Verschuldung eines jeden Bundesbürgers. Die Hälfte davon – jetzt wird es dramatisch –, rund 12.000 €, gehen auf Nordrhein-Westfalen zurück.

Ich will das noch einmal verdeutlichen: Rechnerisch gesehen stehen quasi schon Neugeborene für ein Fahrzeug in der Kreide, das sie nach derzeitigem Recht erst in 17 Jahren fahren dürfen. Angesichts dieser Situation erscheint es mir – und sicherlich auch den Menschen in unserem Land – ganz und gar nicht abwegig, von der Landesregierung ein entschiedenes Vorgehen in Sachen Entschuldung zu erwarten, denn es ist dringend an der Zeit, den Staat – dieses Land –, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten, sprich: Sie müssen das Land zukunftsfest machen.

Bei Ihnen aber bewegt sich das gegen null. Man findet nichts. Ihr Mantra bzw. Ihr Credo heißt immer wieder: „Nichts verändern, viel versprechen". An anderer Stelle aber – Herr Minister, das hat man eben noch einmal gehört – wird immer wieder viel gefordert. – Es darf viel gefordert werden. Dann müssen aber auch die Punkte angesprochen wer-den, die kritisch sind und die gemeinsam gelöst werden müssen. Andererseits muss man dann aber auch den Willen zeigen, bei sich selber anzufangen und zu konsolidieren. Das aber vermissen wir bei Ihnen.

(Beifall von der CDU)

Ihr Begriff von nachhaltiger Finanzpolitik reicht – verzeihen Sie es mir – von zwölf Uhr bis mittags. Trotzdem schaffen Sie es in diesem Interview mit viel Pathos, eine nationale Anstrengung zu fordern. Das machen Sie nicht, weil Sie erkannt haben, dass Sie die Verantwortung haben, zu konsolidieren, und weil Sie den kommenden Generationen zeigen wollen, dass es strukturelle Veränderungen geben muss.

Das Gegenteil ist der Fall, liebe Kolleginnen und Kollegen: Sie wollen die Folgen Ihrer kurzsichtigen Politik nur noch auf noch mehr Schultern verteilen.

Und dass Sie es im angesprochenen Interview bewerkstelligen, werter Herr Finanzminister, ganz Nordrhein-Westfalen, für das die Wählerinnen und Wähler Ihnen Verantwortung übertragen haben, auf eine einzelne Region zu reduzieren, nämlich auf das Ruhrgebiet, das setzt meiner Ansicht nach dem Ganzen die Krone auf.

(Beifall von der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht im Einzelnen nicht um den Wortlaut eines Interviews, das der Finanzminister hier geführt hat – darin sind wir uns alle einig –, sondern um etwas viel Grundsätzlicheres. Es geht darum – das möchte ich an dieser Stelle auch mal ansprechen –, dass sich innerhalb der Landesregierung ganz unterschiedliche Auffassungen bezüglich der nordrhein-westfälischen Zukunft präsentieren. Das ist eigentlich nichts Neues, also diese Kakophonie, dieses Agieren ohne Kompass, wenn es um grundlegende, wichtige Dinge für unser Land geht.

Doch dieses Mal spreche ich nicht von den bekannten Unstimmigkeiten zwischen den Koalitionären, also Rot und Grün, sondern ich rede von unter-schiedlichen Ansichten der SPD-Minister. Und das möchte ich Ihnen gerne erläutern.

Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus der „Westdeutschen Zeitung“ von vor knapp zwei Wochen. Da heißt es, zur Nachhaltigkeit zähle auch der Blick auf die nächste und übernächste Generation. Unternehmen müssten enkelfähig sein, sagte der Minister. Und gemeint ist in diesem Fall der Wirtschaftsminister, Herr Duin.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Er lobt die Familienunternehmen in der „Westfalen-post“ zu Beginn dieser Woche für zahlreiche Eigenschaften, zum Beispiel für die Orientierung am Ziel der Langfristigkeit.

Und, meine Damen und Herren, das, wofür der Wirtschaftsminister so schwärmt, nämlich die von ihm genannte Enkelfähigkeit – das ist ein neuer Begriff –, das nennt man auch Nachhaltigkeit. Und die kann man auch in der Finanzpolitik betreiben.

Auch wenn der Wirtschaftsminister meiner Ansicht nach oft eher ein bisschen als Rhetorikminister auf-tritt, so scheint er doch im Gegensatz zum Finanz-minister verstanden zu haben, was der ehemalige britische Premierminister Major mit einem, wie ich finde, guten Satz beschrieben hat: Die bequemen Lösungen von heute sind die unbequemen Aufgaben von morgen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Allerdings!)

– Schön, dass Sie mir zustimmen, Herr Kollege. – Diese plötzliche Erkenntnis eines SPD-Ministers, also das zu akzeptieren, macht mich dann doch ein wenig stutzig.

Herrn Duins plötzliches Faible für nachhaltiges Handeln passt doch so gar nicht zum Wirken Ihres Finanzministers, werte Kolleginnen und Kollegen. Man muss sich doch nur mal den Landeshaushalt anschauen. Das tun wir ja auch regelmäßig. Dabei wird mehr als deutlich, dass Herr Finanzminister Norbert Walter-Borjans nicht viel von Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik hält.

Ich nenne Ihnen gerne einige Beispiele.

Nehmen wir – Sie haben es eben angesprochen – das letzte Kindergartenjahr, das beitragsfrei ist. Worin liegt hier die Sinnhaftigkeit, wenn bereits 98 % der Kinder in den Kindergarten gehen? Hier wird unter dem Deckmäntelchen der Anreizschaffung auf Einnahmen verzichtet, obwohl dies durch nichts begründet ist. Wir können gerne darüber reden, was sinnvoll ist. Aber dies ist ein Beispiel, das ich so nicht gelten lasse.

(Jochen Ott [SPD]: Wie bitte, durch nichts begründet? Sie haben doch keine Ahnung! Schwarz-Grün hat es doch eingeführt im VRR! Sie haben es doch eingeführt!)

Wir können auch noch über weitere Themen reden. Was ist denn mit dem Sozialticket? Worin liegt unter Nachhaltigkeitsaspekten die Notwendigkeit einer Förderung in Höhe von 30 Millionen €? Wo kommen diese Ausgaben denn den kommenden Generationen zugute, Herr Zimkeit? Darüber müssen wir doch reden.

(Jochen Ott [SPD]: Wo kommen Sie eigentlich her? Haben Sie eine Ahnung, wofür das Ticket gebraucht wird?)

Wir können doch über alles reden, aber dafür müssen Sie auch wissen, was Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik bedeutet.

(Beifall von der CDU)

Das müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen. Was ist denn mit den Fahrradautobahnen, werter Kollege? Was ist das? Sind das Infrastrukturmaßnahmen, die unseren Kindern und Enkeln zugutekommen?

(Jochen Ott [SPD]: Wo kommen Sie denn her? Da würde ich auch nicht auf der Fahrradautobahn fahren!)

– Ich kann Ihnen sagen, woher ich komme. Darüber können wir gleich reden.

(Jochen Ott [SPD]: Wir fahren mal gemeinsam durch den Kölner Süden! Dann zeige ich Ihnen den Sinn einer Fahrradautobahn!)

Sie müssen mir an dieser Stelle erklären, ob Sie glauben, dass diese Investitionen langfristig Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen sichern und somit der kommenden Generation helfen. Das – und nichts anderes – ist hier die entscheidende Frage.

(Beifall von der CDU)

Es gibt noch viele weitere Beispiele. Was ist zum Beispiel mit den Gefängniszellen, die jetzt in einem schönen, neuen Barbie-Rosa gestrichen werden, Frau Ministerpräsidentin? Ich frage mich, ob die Landesregierung jetzt im Bereich „Schöner Wohnen“ tätig wird. Ich muss Ihnen sagen: Das macht mich sauer. Denn das sind Ausgaben, die diesem Land meiner Ansicht nach nicht gerecht werden.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Das ist wahrscheinlich billiger als in Weiß!)

– Das weiß ich nicht. Meine Sorge ist: Wenn nächstes Jahr Grün das neue Rosa ist, Frau Ministerpräsidentin, dann streichen wir die Zellen neu, und dann wird wieder Geld ausgegeben.

(Beifall von der CDU)

Dem Ganzen wird noch die Krone aufgesetzt, wenn die Landesregierung – und das möchte ich Ihnen auch noch sagen – Geld bereitstellt, um den Milch-konsum zu verringern. Auf der einen Seite unter-stützt das Land eine dementsprechende Homepage, auf der anderen Seite, verehrte Kolleginnen und Kollegen, unterstützt das Land den Milchkonsum, die Schulmilchförderung und fördert die Homepage www.maedchen-lieben-milch.de. Das passt nicht zusammen.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Das ist zwar nur ein kleines Beispiel, aber es zeigt, wie diese Landesregierung Finanzpolitik macht, nämlich ohne Kompass, ohne Ziel und ohne eine Idee, wie dieses Land noch in 20, 30 Jahren zukunftsfähig sein soll.

(Beifall von der CDU)

Liebe Frau Ministerpräsidentin, liebes Kabinett, nehmen Sie sich doch ein Beispiel am Wirtschafts-minister. Statt ständig über Steuererhöhungen zu reden, das Für und Wider der Schuldenbremse zu diskutieren und den Länderfinanzausgleich immer wieder nach vorne zu bringen, sollten Sie aktiv wer-den, handeln und dieses Land enkelfähig machen. Schließlich geben Sie sich öffentlich immer dement-sprechend und stellen sich als sorgende Landesmutter dar.

Deshalb möchte ich Ihnen eines sagen: Eine sorgende Mutter – und das wissen Sie sicher besser als ich – muss auch mal Nein sagen können. Wenn es um das Taschengeld oder darum geht, Geschenke zu verteilen oder sich etwas zu kaufen, dann muss man auch mal Nein sagen können.

(Heiterkeit von der SPD – Jochen Ott [SPD]: Das machen wir beim nächsten CDU-Antrag! Da können Sie sich sicher sein!)

Jaja! – Deswegen fordere ich Sie auf: Machen Sie eine nachhaltige Politik für Nordrhein-Westfalen! Machen Sie endlich eine generationengerechte Finanz- und Haushaltspolitik! Machen Sie unser Land zukunftsfest. Und orientieren Sie sich am Wirtschaftsminister: Machen Sie Nordrhein-Westfalen enkelfähig! – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg:

Vielen Dank, Herr Kollege Schmitz. – Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Börschel.

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